Der Dokumentarfilm von LaDOC-Mitglied Claudia Richarz startet ab 7. März bundesweit in den Kinos. Die NRW-Premiere findet am 7. März um 18:00 Uhr im Filmhauskino in Köln statt. Das Filmgespräch moderiert LaDOC-Mitglied Bettina Braun.
Die Verhältnisse sind veränderbar, und zwar durch Einsicht und selber denken:
Warum ist, was ist? (H.S.)
Die Regisseurin und Autorin Helke Sander ist eine Ikone nicht nur der Frauenbewegung, sondern auch des neuen deutschen Films.
Zur Filmkritik von Esther Busch im filmdienst
1967 wird Helke Sander Mitglied im Sozialistischen Deutschen Studentenbund. Die Situation der Frauen in der Gesellschaft ist dort kein Thema, auch unter den Frauen nicht. Sie gründet zusammen mit Marianne Herzog den Aktionsrat zur Befreiung der Frauen sowie die ersten Kinderläden in Berlin. Unbezahlte Care-Arbeit, zu wenige Betreuungsangebote für Kinder, kaum Unterstützung durch die Männer bei der Kindererziehung – diese Themen sind auch heute noch, viele Jahre später, aktuell. Auf dem Delegiertenkongress des SDS im September 1968 erklärt sie in ihrer legendären ‚Tomatenrede‘, dass eine gesellschaftliche Veränderung ohne die Befreiung der Frauen nicht möglich ist. Das Private ist politisch. Die Männer kommentieren ihre Rede mit höhnischem Gelächter. Aber die neue deutsche Frauenbewegung beginnt.
Heute, über 80 Jahre alt, räumt sie auf: Das Kleid, das sie als junge Frau so gern getragen hat, als sie Anfang der 1960er Jahre in Finnland lebte, die prähistorischen Venusstatuen mit großen Brüsten und voluminösen Bäuchen, die Frauen als Mütter feiern, und natürlich Exemplare der Zeitschrift Frauen und Film, die sie 1974 gegründet hat. „Aufräumen hat ja auch eine innere Bedeutung, etwas Transzendentes“.
Als 8-Jährige erlebt sie mit Mutter und kleinem Bruder den Dresdener Bombenangriff im Februar 1945 und kurz danach in Karlsbad die Vergewaltigungen der Frauen durch die Rote Armee. Im Interview berichtet sie: “Wir haben als Kinder Vergewaltigen gespielt.“ 1992 macht sie einen Film darüber: BeFreier und Befreite. In ihrem Film kommen betroffene Frauen zu Wort, aber auch ehemalige Rotarmisten und Kinder, die in dieser Gewaltsituation gezeugt wurden.
In ihrem Spielfilm Die allseitig reduzierte Persönlichkeit – Redupers (1977) übernimmt Helke Sander die Hauptrolle der alleinerziehenden Fotografin Edda, führt Regie und schreibt das Drehbuch: „Was passt in einen Tag und was nicht? Was kann man in 24 Stunden unterbringen, was hängt immer über und will auch Gerechtigkeit?“ Für Redupers erhält sie viele Preise im In- und Ausland. Der Film hat auch heute noch sein Publikum. Mit dem Kurzfilm Nr. 1 – Aus Berichten der Wach- und Patrouillendienste gewinnt sie 1985 einen Goldenen Bären. Hauptfigur ist eine junge Mutter, die eine Wohnung für sich und ihre zwei Kinder sucht.
Wie viele Künstlerinnen konnte sie ihre Filme nur mit Hartnäckigkeit und gegen Widerstand drehen. Viele Projekte blieben unrealisiert, die Finanzierungen gelangen nicht. Dazu sagt ihre Weggenossin Gesine Strempel im Film: „Was Frauen wollen, ist vielen Männern sehr fremd. Es besteht ein von Männern geprägter gesellschaftlicher Konsens, was Kultur ist und was nicht.“
Helke Sander war ein Leben lang politisch aktiv und unbequem. Sie hat viele Errungenschaften für Frauen, die uns heute selbstverständlich sind, angestoßen und aktiv umgesetzt: „Wer nachdenkt, radikalisiert sich auch.“
Eine Veranstaltung von barnsteiner-film in Kooperation mit LaDOC und dem Frauen Film Fest Dortmund+Köln.
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