LaDOC-Mitglied Luzia Schmid für den Grimmepreis nominiert

  • 3. März 2021
LaDOC-Mitglied Luzia Schmid für den Grimmepreis nominiert
Szenenfoto aus "Der Ast, auf dem ich sitze" Foto: Andreas Busslinger
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Der Ast, auf dem ich sitze, der neue lange Dokumentarfilm (D/CH/A, 122 Min.) von Luzia Schmid, ist für den Grimmepreis 2021 nominiert. Herzlichen Glückwunsch, Luzia!

«Hattet ihr denn keine Briefkastenfirmen zu Hause?» In der Selbstverständlichkeit dieser treuhänderischen Dienstleistung aufgewachsen, treibt Luzia Schmid viele Jahre später die moralische Frage nach dem Reichtum ihrer Familie und ihrer Heimatstadt Zug um. DER AST, AUF DEM ICH SITZE, ein persönlicher Wirtschaftsfilm mit scharfem Blick.

Luzia Schmid über ihren Film:

Mein Wunsch war es einen Film zum Thema internationaler Steuerwettbewerb zu machen, der die Ambivalenz spiegelt, in der wir alle Leben. Die Zuger – meine Leute –, leben etwas radikaler und erfolgreicher das, was die überwiegende Mehrheit der Bewohner*innen der westlichen Industrienationen machen. Wir organisieren uns ein Leben im Wohlstand. Stets bereit, berechtigte (!) Kritik zu üben, die aber in der wirtschaftlichen Faktualität untergeht und uns davor verschont, Konsequenzen zu ziehen. Dies ist eine ungeheure Verdrängungsleistung. Seit vielen Jahren treibt mich die moralische Frage von Zugs Reichtum um. In Zug groß geworden, und später mit dem distanzierten Blick auf Zug und die Schweiz, hat der enorm schnell wachsende Reichtum in der alten Heimat einen Strauß widerstreitender Gefühle ausgelöst. Abwehr, eine Spur Neid auch, Kopfschütteln und eine seltsame Faszination, ob der Selbstverständlichkeit, mit der dieser Reichtum als etwas wahrgenommen wird, dass man selber erarbeitet hat. Als ich mit der Recherche anfing habe ich von der Thematik keine Ahnung. Ich wusste, dass Zug ein Steuerparadies war und dass da irgendwie Briefkastenfirmen dazu gehörten, und dass wir zu Hause Briefkastenfirmen haben. Heute weiß ich, das Selbst-Erschaffene waren lediglich die rechtlichen Rahmenbedingungen. Der Rest kam durch ein wenig Fortune, Fleiß und die Hartnäckigkeit, mit der die Zuger und die Schweizer ihre Privilegien gegenüber dem Ausland verteidigt haben. Im Laufe der Recherche erkannte ich aber auch die Dimension des internationalen Steuerwettbewerbes. Die größten Steuerparadiese sind längst nicht mehr exotische Inseln irgendwo in der Karibik oder im Ärmelkanal. Sondern das Vereinigte Königreich mit dem Finanzplatz London, die USA, Singapur, und sogar meine neue Heimat Deutschland mischt ganz weit vorne mit. Mir war es wichtig, den Zuschauer*innen meine Erfahrung während der Recherche auf filmische Art zu vermitteln. Sie gleichsam an meinem Prozess teilhaben zu lassen. Ich möchte Menschen mit dem Film erreichen, die sich noch nicht entschieden haben, auf welcher Seite sie stehen, sondern die meiner Recherche folgen, sich verführen lassen, den Argumenten meiner Protagonisten zu folgen, um dann schließlich sich selbst – als Teil des Problems – zu entdecken.

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